Prof. Scheer - Teil 2 - Prozessmanagement 2030: Dezentralisierung, Datenräume und Digitalminister im Visier
Shownotes
In dieser 53. Folge sitzen wir drei Prozessphilosophen – Matúš, Daniel und unser geschätzter Gast Professor August-Wilhelm Scheer – ein weiteres Mal virtuell beisammen, um den Blick von historischen Entwicklungen in die Zukunft des Prozessmanagements zu verlagern. Nachdem Professor Scheer uns bereits im ersten Teil seine vier „Leben“ als Professor, Unternehmer, politischer Impulsgeber und Jazzmusiker schilderte, richten wir unseren Fokus jetzt auf die Herausforderungen, vor denen Unternehmen stehen, wenn sie ihr Prozessmanagement zukunftsfähig aufstellen wollen.
Professor Scheer bringt es gleich zum Auftakt auf den Punkt: Wer heute in dynamischen Märkten bestehen will, muss nicht nur flexibel dezentral organisieren, sondern auch die passende Systemarchitektur dafür wählen. Ein monolithisches ERP-System, das in langen Release-Zyklen gehalten wird, bremst jede dezentrale Marktreaktion aus. Stattdessen braucht es eine Plattformarchitektur – also lose gekoppelter Business-Komponenten, die sich bei Bedarf schnell ersetzen oder ergänzen lassen. Genauso wichtig wird die Integration mit externen Partnern: In Weltmärkten, in denen Produktentwicklung, Materiallogistik und Qualitätskontrollen über Unternehmensgrenzen hinweg ablaufen, muss ein verlässlicher Datenaustausch gewährleistet sein. Prof. Scheer erzählt, wie Projekte wie „Factory X“ und „Catena X“ bereits daran arbeiten, standardisierte Data-Spaces zu etablieren, in denen Rechte, Mengen und Preise für Datentransfers eindeutig vertraglich geregelt sind – ohne dass jeder Lieferant jeden Datenaustausch selbst managen muss.
Doch wie setzen Unternehmen darauf aufbauend ein schlankes, sich selbst optimierendes Prozessmanagement um? Professor Scheer warnt davor, das notwendige Mindset und die richtige Organisation zu vernachlässigen. Wer Prozesse flexibel halten möchte, darf nicht nur an der Daten- und System-Ebene optimieren – in der eigenen Firmenkultur muss der Wille zur dezentralen Weiterentwicklung verankert sein. Gerade Start-ups zeigen, wie wichtig es ist, heterogene Teams zu gründen, die sich gegenseitig hinterfragen anstatt in alten Denkmustern zu verharren. Und während die Politik in Deutschland endlich ein Digitalministerium installiert hat, mahnt Prof. Scheer an, dass es ohne einen verbindlichen Standard für Public-Sector-Systeme und ohne klare Plattform-Strategien schwerfällt, in die internationale Spitze zurückzufinden.
Nicht zuletzt widmet sich Professor Scheer dem Thema Lehre: Statt starrer Vorlesungen aus dem Mittelalter setzt seine neue „School of Information Management“ auf lebenslanges Lernen, situative Kompetenzen und die sinnvolle Einbindung von KI-Tools ins Studium. Seine Botschaft ist klar: Wer sich heute ausbilden lässt, muss flexibel genug sein, die Methoden von BPM, Plattformdesign und Data-Spaces nicht nur zu verstehen, sondern in vernetzten Geschäftsmodellen umzusetzen – ohne digitales Neuland vorab verbieten zu wollen. Am Ende bleibt das Versprechen, dass jeder Teilnehmende etwas für seine persönliche und unternehmerische Zukunft mitnimmt: von der Bedeutung dezentraler Organisation bis hin zum Mut, mit seinen Ideen global durchzustarten.
Seid gespannt auf unsere nächste Episode, wenn wir erneut mit innovativen Vordenkern darüber sprechen, wie Prozessmanagement und Digitalisierung die Unternehmen von morgen gestalten.
WICHTIG: Schreibt uns eure verrücktesten BPM-Geschichten: Wir anonymisieren alles und garantieren volle Diskretion. Lasst uns zusammen lachen und lernen! Eure Vorschläge für Gäste: Kennt ihr eine Person, die eine echte BPM-Expertin oder ein echter BPM-Experte ist? Dann lasst es uns wissen, wir freuen uns über Empfehlungen!
Abschließende Worte: Danke, dass ihr wieder eingeschaltet habt! Eure Meinung ist uns wichtig! Schreibt uns gerne euer Feedback und eure Gedanken zur heutigen Folge.
Wir hoffen, dass euch diese Folge genauso viel Spaß gemacht hat wie uns. Freut euch auf die nächste Episode, wo wir euch mehr über uns und unsere Erfahrungen erzählen werden. Bleibt neugierig und bis bald!
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Matúš: https://www.linkedin.com/in/matusmala/
Daniel: http://https://www.linkedin.com/in/danielmatka/
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Daniel Matka: Einen wunderschönen guten Tag liebe Zuhörerinnen unseres Podcasts. Die Prozessphilosophen sind zurück zum Teil 2 mit dem, ich würde sagen, unglaublichen Professor Schär. Wir haben in Teil 1 die ganze Reise gehört von wie man eine neue Methode etabliert, wie man gefühlt vier riesige Stränge in seinem Leben hat. wo andere Menschen für jeden einzelnen Strang einen 24 Stunden am Tag bräuchten. jetzt würde ich sagen, wir gehen jetzt in Teil 2 mit dem Standpunkt hinein. Wir sind heute im Prozessmanagement. Und wie wird es sich in Zukunft quasi entwickeln? Vor welchen Herausforderungen stehen wir? Und ich würde damit gleich auch in die erste Frage starten. Herr Professor, Prozessmanagement ist ... so eine riesige Disziplin ... ... und man kann prinzipiell ... oder andersherum, es ist so elementar wichtig ... ... für sehr, sehr viele ... oder fast für alle Unternehmen, ... ... damit sie irgendwie zukunftsfähig bleiben. Und doch, wenn wir aus unserer Blase ... oder ich würde es mal sagen, ... dem Prozessmanagement ... ... Bereich, aus unserer Community ... ein bisschen hinausschauen, ... ist es irgendwie noch nicht ... ganz so etabliert, ... wie man sich es immer wünschen würde. Was würden Sie sagen, braucht es, ein zukunftsfähiges Prozessmanagement für die Firmen zu etablieren?
Prof Scheer: Das ist eine sehr weite und sehr gute Frage.
Prof Scheer: Was sind denn die wichtigsten Entscheidungsprobleme, vor denen heute Unternehmen stehen? Die erste Frage ist, ich, und die muss ich selber ja auch mir als Unternehmer stellen, habe ich die richtige Organisation Struktur. Wie ist der Dezentralisierungsgrad meines Unternehmens? Ich mache mal so ein paar plakative Aussagen. Wenn wir vor Herausforderungen stehen, uns schnell weiterentwickeln zu wollen, dann hat eine dann ist eine sehr stark zentrale Organisation nicht die richtige. Sondern dann muss man sich dezentralisieren, weil man dann an den dezentralen Stellen schneller was ändern kann. Und wenn das erfolgreich ist, dann kann das sich auf das gesamte System auch übertragen. Es gibt ja auch Erkenntnisse aus der Evolutionstheorie, dass die Evolution auch so funktioniert. Auch der Mensch, der sich weiterentwickelt hat. Er hat sich nicht immer als ganzer Körper immer sofort weiterentwickelt, sondern mal die Augen und dann mal was, was ich das gehöre oder dann irgendwie die Gehwertwerkzeuge. Das heißt also, es findet an dezentralen Stellen statt, weil das einfacher ist, als wenn der ganze Organismus immer sich hier als Einheit dann weiterentwickeln muss. Und insofern ist die Organisationsstruktur da schon entscheidet. Da gibt es auch so einen Begriff wie Composable Enterprise. Da habe ich auch vor drei Jahren Buch darüber geschrieben, weil sich das dann natürlich auch auf die Software auswirkt. Wenn ich eben ein Unternehmen sehr innovationsfreudig gestalten will, dann ...
Prof Scheer: muss ich auch Systeme haben, die das mitmachen. Wenn ich beispielsweise die Organisationsstruktur erst mal dezentralisiere, aber anschließend ein zentrales IT-System dafür einsetze, dass nur in festgelegten Releaseszyklen verändert werden kann, dann kann ich die Geschwindigkeit, die ich vielleicht in dezentralen Einheiten habe, gar nicht umsetzen, weil eben dieses monolithische System das gar nicht mitmacht. Deswegen sind eben auch jetzt diese Prozessgedanken nicht mehr nur organisatorisch, sondern die Frage stellt sich auch, wie muss dann hinterher die Systemarchitektur sein, die eben jetzt auch auf solche Prozessänderungen, Prozessinnovationen richtig reagieren kann. Und das sind eher Strukturen, die man so als Plattform Architekturen ja auch bezeichnet, dass eben hier die Möglichkeit besteht, bestimmte Business-Komponenten so zu entwickeln, dass sie schneller ersetzt werden können, dass andere Business-Komponenten schneller angepflanscht werden können. Und dazu müssen eben von so einer Plattformarchitektur die entsprechenden Werkzeuge auch bereitgestellt werden können. Das heißt, man muss einmal einen Prozess beschreiben können, also modellieren können. Prozessmodellierung ist also auf jeden Fall da. Ich muss Automatisierungswerkzeuge haben, also irgendwie einen Workflow-Ansatz, der eben jetzt hinterher einen solchen Prozess automatisch dann auch ausführen lässt. Ich muss Integrationsfähigkeiten haben, weil es keine Prozesse gibt, in denen ich irgendwie integriert werden kann. Die Zeit, wo wir nur ERP im Mittelpunkt haben, ist vorbei, weil sich die Innovation an den Rändern dieser ERP-Systeme abspielt. Also im Verhältnis zu den Kunden, im Verhältnis zu den Lieferanten, im Verhältnis zu den Mitarbeitern.
Prof Scheer: die ich an das Unternehmen ziehen will. Das kann ich nicht mit den alten Systemen machen wie vor 20, 30 Jahren. Nicht ohne Grund sind ja die Innovationen bezüglich Cloud-Systemen ja auch in den Ebenen entstanden. Das heißt also, da ist nicht als erstes ein ganzes ERP-System cloudbasiert entwickelt worden, sondern erst mal nur für Customer Relationship Management oder für Mitarbeiterhandling. Ähnliche Dinge. heißt also an diesen Rändern, da ist viel Bewegung und die muss ich dann mit dem ERP-System, dem internen System wieder zusammenbringen. Also ich muss da integrieren. Ich habe fast wieder so eine Ausgangssituation wie vor 40, 50 Jahren, bevor der ERP-Welt war, dass ich da funktionsorientierte Teile zusammenflicken musste, um einen Prozess da unterstützen zu können. Das heißt also Diese Frage, welche Anforderungen kommen auf und zu, die leiten sich ab aus sehr Groben Anforderungen, wie will ich mein Unternehmen wettbewerbsfähig machen? Wie schnell muss es reagieren können? Wie will ich es internationalisieren? Wie will ich Teile mal rausnehmen, outsourcen oder wie will ich Teile wieder übernehmen? Das heißt, dieses Lebendigsein in der Weiterentwicklung des Unternehmens ist also ein ganz großer Punkt, den ich sowohl von der Modellierungsseite, wenn ich etwas aushause, einen ganzen Teilprozess abschneiden. brauche dann nur noch die
Prof Scheer: die Schnittstellen dann zu wissen, wann ich es wieder anflanche, wann ich es abgebe und eine gewisse Kontrolle darüber haben, wie dieser outgesorste Prozess dann hinterher funktionieren soll, dass ich die Qualitäten auch bekomme, die ich brauche, die Zuverlässigkeit von Zeit und so weiter dann bekomme. Das ist also schon mal ein ganz wichtiger Punkt, der jetzt erfüllt werden muss. Ein zweiter Punkt ist
Daniel Matka: Ja.
Prof Scheer: dass immer mehr Prozesse über die Unternehmensgrenzen hinweggehen. Das beginnt in der Industrie bereits bei der Produktentwicklung, dass ich das zusammen mit den Lieferanten machen möchte oder muss. muss schon bestimmte Funktionen ausgetauscht zwischen Unternehmen. Das heißt, die Endkontrolle meines Lieferanten, wenn ich der glaube, dann brauche ich keine Eingangskontrolle, Kontrolle selber mehr zu machen. Das heißt also, solche Funktionen werden ausgetauscht. Da kann man auch darüber reden, ob man das belohnen kann, wenn solche aus solchen Prozessen herausgenommen werden, dass man deswegen dann der Kunde sagt, ich bezahle dir was dafür, wenn du deine Kontrolle machst, dann machst du bisschen sorgfältiger, dass ich eigentlich davon ausgehen kann, dass meine Anforderungen wirklich erfüllt sind und dafür bezahle ich dir so und so viel und ich spare mir aber meine eigene Kontrolle. Also dieser Austausch von Funktionen zwischen Unternehmen wird glaube ich immer mehr zunehmen bei der Produktentwicklung, auch bei den logistischen Strömen und bei Just-in-Time Produktionssystemen ist das ja ohnehin auch der Fall. Und dafür eben auch jetzt Standard zu entwickeln, wie Daten ausgetauscht werden, in welchen Formaten sie ausgetauscht werden, aber nicht nur syntaktische Übereinstimmungen zu diskutieren, sondern auch inhaltliche, dass jeder unter einer bestimmten Artikelnummer auch dasselbe versteht. Und das sind also schwierige Dinge.
Daniel Matka: definitiv.
Prof Scheer: die da gelöst werden müssen und auch das Vertrauensproblem. Welche Daten gebe ich dann überhaupt frei oder wen lasse ich auch in meine Systeme hineingucken, in meine Daten hineingucken. Und da gibt es ja auch jetzt gerade in Deutschland interessante Projekte, die auch von dem Wirtschaftsministerium unterstützt werden, auch mit viel Geld unterstützt werden, beispielsweise eben jetzt so Catena X für die Automobilindustrie, wie die eben mit ihren Zulieferanten da Prozesse abwickelt, aber auch jetzt hier, wie das mit Factory X gemacht wird. Wir sind übrigens in solche Projekte auch eingebunden, die das dann jetzt industriezweig unabhängig machen, dort den Datenaustausch in einer sicheren Form, aber auch, dass die Daten, dass
Daniel Matka: Ja.
Prof Scheer: auch geschützt ist, dann hier durchführen lassen. Also das sind, glaube ich, die ganz wichtigen Herausforderungen, wie ich die Prozesse mit einer lebenden Organisation synchronisieren kann, von der Veränderungsfreundlichkeit und das andere eben auch diese betriebsübergreifenden Prozessoptimierung.
Matúš Mala: Das ist ein sehr spannendes Thema. Ich habe auch das Gefühl gehabt, es genau das Gleiche was ich vor 40 Jahren erlebt habe, nur dass wir eine Ebene höher sind, weil wir auch mehrere Unternehmer miteinander verbinden. Und diese Plattformgedanken finde ich auch super genial, weil dadurch mehr oder weniger diese Metamodelle, also wie verbinde ich die Elemente. und vielleicht auch bisschen mehr Freiheit den dezentralisierten Teams gebe, wie die das implementieren, weil ich die gegebenenfalls austauschen kann. Jetzt würde ich aber fragen, sind wir bereit dafür? Weil wir haben immer in Europa, würde sagen Europa, ich trenne das ungern zwischen Deutschland und Europa, weil das aus meinen sich plus minus ähnlich ist, wir haben in Europa immer diesen Teil, das ist viel zu bürokratisch und so weiter. Standardisierung ist auch in gewisser Weise. eine kleine Bürokratie, weil ich damit etwas Vereinheitliche, damit dieses Austauschformat funktionieren kann. Also sind wir dafür bereit, dass wir den nächsten Schritt machen und die Unternehmen so zu verbinden, wie sie das jetzt gerade beschrieben haben?
Prof Scheer: Ich glaube schon. Es gibt beispielsweise in diesem Projekt Factory X da arbeiten ungefähr 80 Unternehmen in Deutschland mit. ich bin auch ziemlich nah dran. war zum Beispiel vor drei Wochen bei einer Tagung, wo die Teilnehmer sich ausgetauscht haben. waren ungefähr 300 Teilnehmer. Das heißt also, das wird schon breit aufgenommen von den Unternehmen, dass sie sich informieren, dass sie aber auch mitarbeiten. Mit der Standardisierung gebe ich Ihnen recht. Man kann auch Standards in der Regel gar nicht aufdrücken, sondern in der Regel setzen sich Industriestandards durch, die eben nicht eben bürokratisch definiert sind, sondern eher durch die Machtverhältnisse, die in der Wirtschaft nun mal da sind. Dass große Kunden eben ihren Dealveranden dann einen bestimmten Standard dann eben vorschreiben. Also das muss man sehen, wie sich dieses entwickelt. Man kann Vorschläge machen, man kann Ansatzpunkte geben, aber man kann es nicht richtig erzwingen, sondern ich glaube, dass es eben guter Ansatz ist, hier zu motivieren, dass sich die Leute kennenlernen, dass sie Vertrauen aufbauen. Und das ist ja auch mit solchen Data Spaces ja auch Teil der ganzen Konzeption auf jeden Fall immer sicherzustellen, dass eben bei Datenverbindungen innerhalb von Prozessen die Eigentumsrechte über die Daten gewährleistet sind. Man schließt praktisch so Art Verträge ab zwischen dem Anfrager von Daten und dem Lieferanten von Daten. ist also bekannt durch die API, Technologie, Application, Program-Interface, wo eben
Prof Scheer: eben genau so ein Ansatz verfolgt wird. In diesem Vertrag wird festgelegt, wie viel Daten man verlangen kann, welche Art von Daten, zu welcher Zeit, in welcher Menge, zu welchem Preis. Also das sind alles Vereinbarungen, die man dann zwischen dem Nachfrager und dem Anbieter dann vereinbaren kann. Und das wird dann eben auch durch ein API-Management dann auch überprüft, ob diese Regeln eingehalten werden. Der Unterschied zwischen diesem API-Einsatz und dem, was man jetzt mit diesen offenen Data Spaces entwickelt, ist der, dass diese Überprüfung, ob eben eine Anfrage vertragsgemäß ist, also ob derjenige, anfragt, dass auch darf, ob er sich authentifiziert hat und so weiter, diese Überprüfungen jetzt ja bei einer zweiseitigen Vereinbarung dann von dem Datenlieferanten gemacht werden muss. Aber diese Funktionen sollen jetzt in diesen Data Spaces nicht mehr den Einzelnen aufgebürdet werden, sondern eben dazwischen wird eben ein Datenraum geschaffen mit Funktionen, der jetzt solche administrativen Dinge dann übernimmt, sodass dann hinterher der Datenaustausch
Daniel Matka: Ja.
Prof Scheer: wesentlich einfacher ist, weil eben diese Verträge, die abgeschlossen werden, wesentlich einfacher werden und viel auch einfacher zu händeln werden. Das ist der große Vorteil, der dadurch entsteht.
Daniel Matka: Ich hab so ein kleines bisschen.
Matúš Mala: Ich bin echt gespannt, sich dann die... Daniel, ich lasse dich dann direkt rein, aber ich bin echt gespannt, wie sich dann die keine Ahnung... Methoden oder Prozesse oder Notation oder wie sich das entwickelt, weil das klingt so super spannend. ob man irgendwie in seinen Jahren dann halt wirklich so End-to-End-Prozesse hat oder über End... die über mehrere Unternehmer hinweggehen, wo man so viel Ersparnis eigentlich bekommt, weil man nicht diesen... sagen wir so bei Ausgang, bei Eingang alles... nochmal doppelprofen muss. ist schon ein sehr, sehr cooles Thema.
Prof Scheer: Ja, aber das wird ja zum Teil auch erzwungen, wenn Sie nur an den digitalen Produktpass denken, wo ja bis zum Schluss, bis zu den Rohstoffen garantiert werden muss, dass da eben nicht Kinderarbeit eine Rolle gespielt hat oder sonstige Dinge. Das heißt, da müssen Sie ja die ganzen logistischen Materialfluss ja verfolgen können. Und sowas kann man eigentlich gar nicht ja nur realisieren, wenn eben jetzt auch Standards über den Datenaustausch und so weiter da definiert werden, sonst kriege ich die ganze Kette ja eigentlich gar nicht geschlossen. Also von daher gibt es einmal, da kann man zustehen, wie man will mit diesen, mit den gesetzlichen Vorschriften, die ja dann eben auch in Brüssel dann ja auch sehr stark motiviert sind und den anderen, die eben mehr freiwillig aufgrund von ökonomischen Vorteilen entstehen. Aber vielleicht reichen sich ja diese beiden Ansätze dann auch die Hand, sodass man dadurch eben auch zu schnelleren Ergebnissen kommt, die auch eine Windwiese
Daniel Matka: Ich habe gerade richtige...
Prof Scheer: Situation darstellen.
Daniel Matka: Ich muss sagen, ich habe gerade so bisschen Gänsehaut und ich würde sagen Flashbacks. weiß gar nicht, wie man das richtige deutsche Wort dazu findet oder wie das richtige deutsche Wort dazu ist. Denn das Lustige in meiner Position, als ich bei Bosch noch war, Prozessmanager und Prozessautomatisierung aufgebaut habe, wurden bei uns in der Spaten die kleinsten Ich würde mal sagen, die kleinsten Bauteile für ein Auto gebaut. Wir waren im Semi-Konductor-Bereich, also in der Chip-Industrie. Und wir haben genau diese Themen auch diskutiert mit Cartena, mit Factory X. Also an allem, was sie gerade arbeiten, hatte ich damals in dieser Bosch-Perspektive schon mal Berührungspunkte. Jetzt muss ich sagen, Herr Professor Schär, Sie sind ja, wenn ich das so höre und auch wie tief Sie in dem Thema drin sind, so ein kleines bisschen wie ein... Impulsgeber, ein ... Zukunfts ... ... ein Thema ... oder eine Person, die an der Zukunft mitarbeitet ... im industriellen Bereich. Aber wir haben es auch vorhin schon mal ganz ... leicht rausgehört. Sie sind auch im politischen Bereich ... sehr aktiv gewesen. Waren da schon auch immer sehr innovativ ... und wollten dieses Thema ein bisschen ... ... haben dieses Thema definitiv mit sehr geprägt. Holen Sie uns dazu eventuell kurz ab, was Sie ... da schon gemacht haben und Ich habe da was ganz Spannendes gelesen. Das Digitalministerium. Da hatten sie auch ihre Finger mit im Spiel.
Prof Scheer: Nun haben Sie sehr häufig immer so gesagt, was Sie gemacht haben, Sie gemacht haben. Jetzt muss ich doch noch mal einflächten, dass ich nach wie vor aktiv bin. Und wir wollen ja keine Altersdiskriminierung hier zulassen. Ich leide nach wie vor Unternehmen, also insbesondere drei. Und da arbeite ich mit 1300.
Matúš Mala: Hahaha.
Daniel Matka: Jaja definitiv. Entschuldigung.
Matúš Mala: Sehr gut.
Prof Scheer: mit Mitarbeitern zusammen. sind international und ich habe auch noch ein Forschungsinstitut gegründet, das mir auch sehr viel Spaß macht mit über 100 Mitarbeitern, jungen Mitarbeitern. Also von daher bin ich auch nach wie vor aktiv. Aber es ist richtig, dass ich eben auch in der Politik war.
Daniel Matka: Wahnsinn!
Prof Scheer: gehört keiner Partei an, aber ich war in den Innovationsräten von Helmut Kohl und von Angela Merkel und war eben dann auch sehr nah an der Politik in meiner Funktion als Präsident des Bitkom-Verbandes, das der Verband für die IT-Industrie und Telekommunikation. Das war ich über zwei Das war insgesamt vier Jahre. Ja, hatte damals schon so, das war von 2007 bis 2011, schon die Vorschläge gemacht. auch öffentlich, dass wir so etwas wie ein Digitalministerium brauchen, weil eben in der öffentlichen Verwaltung, gerade auf der Bundesebene, die einzelnen Ministerien für ihre Systeme weitgehend selbst zuständig sind. Man hat da zwar im Innenministerium dann so einen Koordinator gehabt, aber das waren meistens Juristen, die wirklich auch nur so eine Moderatorenfunktion hatten, nicht irgendwie konzeptionelle Vorschläge oder auch Vorschriften dann irgendwie erlassen haben, sodass eigentlich dann jedes Ministerium so ein Eigenleben geführt haben, viele Doppelarbeiten oder Mehrfacharbeiten dadurch auch stattgefunden haben und wenig Effizienz dann gezeigt haben. Das war auf jeden Fall etwas, was ich versucht hatte. zu unterstützen. das auch vor einem der IT-Gipfel damals in der Presse, ich glaube sogar in der FAZ, geschrieben, auch in der Schlachtzeile. Und das hat aber dann die Bundeskanzlerin eigentlich ziemlich leicht dann weggewischt in ihrer Rede.
Matúš Mala: Haha.
Prof Scheer: Ja, diese politische Sache ist eben schon sehr schwierig. Ich hatte auch in dieser Zeit die Forderung erhoben, dass wir in Deutschland eine eigene Cloud aufbauen müssten, also eine deutsche Cloud. Das hat man auch nicht so gerne gehört, insbesondere auch nicht von den hier ansässigen Vertretern der ausländischen großen IT-Unternehmen. die natürlich dann auch gesagt haben, was soll das denn, das ist ja viel zu teuer. Wir haben eine viel größere Möglichkeit, hier Riesen-Server-Parks aufzubauen. Das schafft ihr überhaupt gar nicht. Damit seid ihr nie wettbewerbsfähig. Warum wollt ihr euch hier so eine schlechte Kostensituation in Deutschland schaffen? Trotzdem kommt das noch weiter, weil wir ja auch dann hier in Deutschland in der öffentlichen Verwaltung bestimmte Systeme gar nicht immer frei zugelassen haben. Also in Formen, die auch amerikanische Software nicht unbedingt zugelassen haben. Das bedeutet dann ja auch, dass wir im Weltmaßstab dann uns verschlechtern, wenn wir dann Software schlechterer Qualität hier einsetzen, sodass man jetzt auch auf die Idee kommt, etwas doch wieder zu machen. zumindest für den öffentlichen Bereich, hier sicherzustellen, dass die Daten alle in Deutschland bleiben und dass eben kein anderer dann in die Daten hineingucken kann, selbst wenn das Befreundete ... Staaten sind oder ähnliche Behörden der befreundeten Staaten. Also das kommt jetzt alles relativ spät. Das hätten wir eher machen können und leichter dadurch auch machen können, kostengünstiger machen können. Ist nun mal gelaufen, wie es ist. Jetzt müssen wir sehen, dass wir da noch wieder den Anschluss finden. Das Gute an der Digitalisierung oder an der gesamten IT-Welt ist ja
Prof Scheer: dass die Innovationszyklen nie abreißen, sondern dass wir immer wieder neue Systemänderungen bekommen, wo es auch wieder neue Chancen gibt für Neueinsteiger. Das heißt, wenn der Zug abgefahren ist, dann muss man eben sehen, dass man wieder hinterherläuft und dann offen den letzten Wagen wieder aufspringt. Das heißt also, wir haben immer noch die Möglichkeiten in neuen Ansätzen, sei es jetzt Quantencomputer oder was auch immer, unsere Forschung voranzutreiben, dann hinterher hier auch eine Einstiegsmöglichkeit zu finden.
Daniel Matka: Dann vielleicht noch kurz die Frage hinterher. Haben Sie Kontakt zum Herrn Dr. Karsten Wildberger, der jetzt Digitalminister wurde?
Matúš Mala: Was denn dann?
Prof Scheer: Nein, habe ich nicht. Leider nicht. Aber vielleicht kriege ich den ja noch.
Daniel Matka: Okay.
Matúš Mala: Meine Frage wäre, was wären dann die wichtigsten Aufgaben, das Digitalministerium jetzt übernehmen soll, damit wir in Deutschland, Schrägstich Europa, vorankommen.
Prof Scheer: Na gut, also wenn man mit Deutschland erst mal sagt, wie unsere eigenen öffentlichen Systeme laufen, da gibt es ja keinen anderen Weg, dass man sich auf einheitliche Standardsoftware einigen muss, in den Kernanwendungen und wo es eben auch Standardsoftware gibt. Da gibt es schon so kleine Bewegungen, aber das richtig jetzt massiv zu machen und mit kurzer Zeit dort hier jetzt voranzukommen, gibt es meines Erachtens keinen anderen Weg. So, und da wir ja in Deutschland hier auch einen viel zitiertes Unternehmen haben. Was da in Frage kommt, auch die Möglichkeit, das zu tun. Auf europäischer Ebene haben wir ja auch gute Ansätze. In Frankreich ist die eben mehr jetzt zwar im industriellen Bereich ist, aber auch in der öffentlichen Verwaltung haben wir ja auch sehr viele, zumindest halböffentliche Unternehmen, die dort auch mit in Betracht kommen. Dann eben die ganzen Wehr Wehrnahen, Industrien, die wir ja auch in der öffentlichen Bereich haben. Also man kriegt schon sehr viele Dinge hier auch mit einer klaren Strategie hin. Das andere ist Wie kriegen wir es dann nochmal wieder von der Angebotsseite besser nach vorne? Das war übrigens das, was ich mir während meiner Zeit als Bitcoin-Präsident zur Aufgabe gemacht hatte, nicht nur uns als Konsumenten von IT zu sehen in Deutschland und Europa, sondern auch als Anbieter. Wie kriegen wir hier erfolgreiche Unternehmen hin, dass wir aus der Abhängigkeit von Amerika und Asien etwas herunterkommen. Das ist aber leicht gesagt und nicht so so einfach getan.
Prof Scheer: Klar braucht man dafür erst mal Start-up-Unternehmen, aber die Start-up-Unternehmen zu gründen, ist noch der kleinste Teil, die ja auch häufig durch jetzt große Unterstützungsmaßnahmen, wo die Gründung auch schon erleichtert wird. Teilweise habe ich das Gefühl manchmal, dass so Gründer den Start eines Unternehmens so als Verlängerung ihres BAföG ungefähr so ansehen, nicht weil sie noch in der ersten Phase noch sehr stark unterstützt werden. das ist schön und gut. Aber der eigentliche Knackpunkt ist, wie machen wir aus diesen kleinen Pflänzchen hinterher große Bäume? Das heißt, wie machen wir daraus international wettbewerbsfähige Unternehmen? Und das ist uns leider nicht so leicht gelungen. Dafür gibt es viele Gründe, dass unser Markt hier zu klein ist. Aber das würde ich nicht gelten lassen. Da muss man von vornherein die Konzeption eines Produktes auf Mehrsprachigkeit auslegen. Man muss dann Partnernetze aufbauen, um hinterher in die Internationalisierung zu kommen. Das heißt, es gibt schon Wege, wie das geht. Ich habe das auch selber gemacht, auch jetzt. mit den Unternehmen, sind alle auf dem Weg oder sind schon international. das in Australien haben wir Niederlassungen, in Singapur haben wir Niederlassungen, in USA sowieso und in Europa zähle ich eigentlich schon fast als Binnenmarkt. So, das sind aber Dinge, auch mit der mit den so nicht einfachen Faktoren zu tun haben, mit diesen weichen Faktoren, ob die junge Generation noch diesen Ehrgeiz hat, jetzt diese Aggressivität auch herauszubringen, den Spaß dabei zu haben, die Welt erobern zu wollen oder ob man sich so mit
Prof Scheer: mit so einem mittleren Erfolg irgendwie zufrieden gibt, dass man so Start-up meinetwegen auf 20 Mitarbeiter oder auf 60 Mitarbeiter bringt, aber nicht irgendwie den Ehrgeiz hat, es auf 1000 Mitarbeiter wachsen zu lassen, weil dann eine ganz andere Qualität an Anforderungen erfüllt werden muss, vom Management-Stil, von den eigenen Fähigkeiten, von der Fähigkeit loslassen zu können. Wenn ich ein Gründer bin, der immer alles in der Hand haben will und noch meine, ich bin der Chefentwickler und alles muss über meinen Schreibtisch, dann mache ich mich selbst zum Engpass und das Unternehmen kann ich wachsen. Das heißt aber ab bestimmten Zeitpunkt ist die Aufgabe des Gründers eher loszulassen, Aufgaben nach außen zu schieben in die eigene Organisation. Verantwortung nach draußen zu geben. Und wer das nicht kann, bleibt ein Mittelständler oder ein Kleinunternehmer, aber wird nie groß. und insofern ist die ganze Frage, wie kommen wir hier in Deutschland und Europa nach vorne, nicht nur eine, oder vielleicht am wenigsten eine Technologiefrage, sondern mehr eine Frage der Motivation. Ich glaube auch nicht, dass es eine Geldfrage ist. Ich habe nie fremdes Geld gehabt in meinem Unternehmen. Alle Unternehmen gehören mir auch zu 100 Prozent. Ich würde auch gar nicht gerne jemand anderen da reinreden lassen wollen. Das ist aber nur meine Sicht. Es gibt auch andere Modelle. Das will ich gar nicht abschreiten, aber das ist nur mal meine Sicht. Die SAP nebenbei gesagt hat auch bis zum Börsengang kein fremdkapital gehabt. So, das heißt also, man kriegt es auch so hin. Geld ist nicht der Hauptengpass, sondern meines Erachtens Motivation. Aggressivität und der Wille hier die Welt zu erobern. die kriegt man so was hin, indem man Vorbilder zeigt, die auch andere dann mitziehen. Das ist ja der Vorteil von Silicon Valley beispielsweise. Die haben diese ganzen Erfolgsgeschichten dort herumliegen und da kann man neben solchen erfolgreichen Gründern an der Bar stehen und mit dem
Prof Scheer: Bier trinken und er erzählt was und dann denkt man, Mensch, so doll ist der Jörn noch nicht. Was der kann, das kann ich auch. So, und insofern kriegt man dann auch eben eine ganz andere Einstellung dazu und sieht auch die Möglichkeiten, die in einem selber sind, dass sie ausreichen, überhaupt jetzt hinterher einen großen Sprung machen zu können.
Daniel Matka: Okay, dann stelle ich nur noch ganz kurz eine Frage, denn Sie sind ja auch natürlich sehr, sehr, sehr bekannt als erfolgreicher Unternehmer. Und so, wenn wir das richtig verstanden haben, auch in den Vorgesprächen, unterstützen Sie auch Start-ups in dem Bereich und teilen gerne Ihr Wissen. Nehmen Sie uns da kurz nochmal mit auf die
Prof Scheer: Ja, ich bin auch in Start-ups investiert. Aber natürlich habe ich ja erst mal selber Start-ups gegründet. Ich habe schon mal gezählt, ich glaube es sind 10 oder 12 und nicht alle sind erfolgreich geworden. Das ist auch keine Schande, weil die Gründer schon alle gut waren. Wir haben hinterher diese Unternehmen übernommen und haben sie in größere Einheiten dann einfließen lassen. Man kann auch sagen, wir haben sie einfach so untergemischt, sodass das nicht aufgefallen ist,
Daniel Matka: extrem her.
Prof Scheer: eigentlich hier ein negativer Fall aufgetreten ist, sondern die Menschen haben überlebt und haben hinterher in den größeren Strukturen auch einen tollen Job gemacht weiterhin. Aber dieses ganze Gebiet Start-ups ist eben schon schwierig. Das Wichtigste ist meines Erachtens das Gründungsteam, dass das gut zueinander passt. Das darf nicht so aus einer Linie zu kommen. Ich bin immer kritisch, wenn mir so Team gegenübersetzt und die sagen, ja, wir kennen uns schon seit drei oder vier Jahren hier von der Uni her und wir haben immer zusammen gearbeitet, haben auch zusammen die Diplomarbeit geschrieben. Das klingt mir so danach, wir sind alle sehr ähnlich. Und das ist dann eigentlich gar nicht so besonders günstig, sondern in so einem Team muss man sich auch reiben können. Das heißt, müssen unterschiedliche Charaktere da sein. Man muss auch vielleicht aus unterschiedlichen Fachrichtungen auskommen. Dann kann man nämlich ein bestimmtes Problem auch aus unterschiedlichen Perspektiven sehen. Denn die dummen Fragen sind eigentlich immer die besten. Also wenn jemand aus einer anderen Disziplin kommt, der stellt viel häufiger, warum macht man das denn so, als wenn alle aus der gleichen Ecke kommen, weil sie dann bestimmte Dinge immer so als selbstverständlich ansehen und nicht mehr infrage stellen. Aber Innovation entsteht ja, indem man etwas infrage stellt. Also wenn die Gründer der SAP alle BWL studiert hätten, wäre das Unternehmen nicht erfolgreich geworden, zumindest nicht in dieser Form. waren alle was anderes, waren Mathematiker, Ingenieure, waren Physiker. Die keine Ahnung vom BWL. Das, was sie dort an Inhalten in ihre Software hineingebracht haben, das haben sie beim Kunden gelernt. Und der hat eben so gedacht, es nicht im Lehrbuch steht, sondern wie eben die Prozesse in der Realität ablaufen und wie man sie auch mit einem gesunden Menschenverstand verbessern könnte. So, und dieses hat man übernommen und hat dann in die
Prof Scheer: Software eingegeben. Insofern war ja auch die die Betriebswirtschaftslehre am Anfang und das hat sehr lange gedauert, sehr skeptisch gegenüber der SAP, weil die Betriebswirtschaftslehre in Deutschland funktional gegliedert ist. Da gibt es also Lehrstühle für Finanzen und für Controlling und für Produktion und für Marketing und alles das. Und jeder guckt nur immer aus seiner kleinen Brille dann auf ein solches System. Und alle haben immer nur rumgemeckert.
Daniel Matka: Hahaha!
Prof Scheer: haben gesagt, im Rechnungswesen haben die ein Umlageverfahren von Kostenarten auf Kostenstellen, das ist ja altertümlich. Oder in der Produktion haben sie nicht die richtigen Losgrößenverfahren. Das ist ja auch nur das Einfachste, was sie da eingesetzt haben. Aber kein Unternehmen hat diese Systeme gekauft wegen einer solchen isolierten Problemstellung, sondern weil man da ganze Abläufe, also End-to-End, mit abwickeln konnte. Und welche Losgrößenformel man an irgendeiner Stelle dort einsetzt, ist dann zweit- und drittrangig. Und ob dieses Umlageverfahren drei Stellen hinter dem Komma auch noch richtig ist oder ob nur eine Stelle nach dem Komma schon genügt, ist dann auch nicht so eine akademische Frage, sondern das wird pragmatisch behandelt. damit würde ich nicht sagen, dass die SAP jetzt auf dieser Stelle stehen geblieben ist. Die haben sicher jetzt auch wesentlich interessantere Algorithmen da drin.
Daniel Matka: Nein.
Prof Scheer: Das ist nicht das Entscheidende, was die Qualität des Grundgedankens dieser Systeme dann ausmacht. Und ganz spät erst, als der Markt ... diese ERP-Systeme aufgenommen hat, ist auch die akademische Welt dann drauf umgeschwenkt. Ich habe das selber gemerkt, ich habe Briefe von sehr herausragenden, traditionellen Betriebswirtschaftsprofessoren, also Kollegen, die mir vorgeworfen haben, einmal meine Bücher würden sich lesen wie eine Produktbeschreibung der SAP.
Daniel Matka: Hahaha!
Matúš Mala: Hahaha
Prof Scheer: Also das hätte noch gefällt, wenn die gesagt hätten wie ein Verkaufsprozpekt.
Matúš Mala: Hahaha!
Prof Scheer: Dann hätte ich mich vielleicht noch stärker gemerkt oder mich gemeldet und dagegen protestiert. Ich habe versucht, die Grundgedanken an solcher Systeme immer zu zeigen und aber auch natürlich am Beispielen dann zu auszudrücken. Heute können Sie keinen Wirtschaftsinformatikbuch mehr aufschlagen, ohne dass da SAP-Systeme oder andere Systeme drin beschrieben werden.
Daniel Matka: systemt.
Prof Scheer: Mittlerweile ist das schon meines Erachtens zu stark, sondern man sollte sich mehr wieder mit den Architekturen solcher Systeme beschäftigen und wie sie sich weiterentwickeln und nicht da wirklich Produktbeschreibungen davor nehmen. Ich mach's jedenfalls nicht.
Daniel Matka: Aber Herr Professor, vielen, vielen lieben Dank, dass Sie mir jetzt eine Begründung gegeben haben, dass wenn ich immer meine Fragen mattisch gegenüberstelle, dass das Innovation hervorruft. Perfekt. Nämlich auf jetzt immer so. Keh, mattisch.
Matúš Mala: in
Prof Scheer: ...
Matúš Mala: Ich bin mir nicht sicher, ob das geholfen hat auf meine Seite. ja. Also eine Frage. Sie haben jetzt auch darüber gesprochen, wie sich quasi alles entwickelt hat. Wir haben in der letzten eineinhalb Folgen sehr viel darüber gesprochen, wie sich jetzt BPM und generell unsere Digitalisierungsmethodik entwickelt. Was mich interessieren würde, weil es ist so viel. Also ich habe sehr viel Zeit gehabt, mich soweit in BPM beizubewegen. Sie haben sehr viel Zeit gehabt, diese Innovation überhaupt zu finden. Aber jetzt sind es auch viele Themen. Plattformgedanke, Architektur, die neue Methodik, AI und so weiter. Was würden Sie den zukünftigen Studenten jetzt eigentlich vorschlagen? Was sollen die machen, damit die für Zukunft ausgebildet sind? Was müssen die machen oder was müssen wir ändern?
Prof Scheer: Also ich habe mit meinem Forschungsinstitut hier und der Universität eine School gegründet, die auch mit meinem Namen verbunden ist. Das ist eine akademische School, also mir hervorragt, mir den amerikanischen Gedanken der Departments als School zu definieren. Und was wir da herausarbeiten wollen und auch tun, die läuft jetzt schon. ist, neue Formen der Lehre zu entwickeln. Die akademische Lehre, die kommt ja, wie das Wort Vorlesung sagt, aus dem Mittelalter, dass die Professoren vorgelesen haben.
Matúš Mala: Okay.
Matúš Mala: Hahaha!
Prof Scheer: weil es keine Bücher gab. Die Professoren sind von Universität zu Universität gezogen und haben ihre Bücher, das war ihr größter Schatz, mitgenommen und haben die dann vorgelesen. Daher kommt dieser Begriff. Heute glaube ich, müssen wir andere Formen in der Lehre haben, die mehr auch auf Änderungen ausgerichtet ist, dass wir junge Leute befähigen, lebenslang zu lernen. Das ist ja auch so ein Schlagwort, was in aller Munde ist, aber das ist auch nicht unwichtig oder ist dadurch auch nicht falsch. Das muss man, das muss ich auch in meiner Situation, sonst kann ich mit meinen jungen Leuten nicht halbwegs auf Augenhöhe da diskutieren. Dafür Bereitschaft zeigen ist ein Punkt. Ein anderer Punkt ist, dass man mehr auch Wissen mit Umsetzungsfähigkeiten kombinieren muss. Das nennen wir Kompetenzen, dass man mehr Kompetenzen vermitteln muss als reine Wissensbestandteile. Das, was KI bringt, ist ja, dass es Content-Erstellung praktisch zum Nulltarif macht. Aber das bedeutet noch nicht, wenn man Content erstellen kann, dass man ihn auch verstanden hat, dass man ihn auch anwenden kann. Das heißt also, man muss mehr auf diese Fähigkeiten, die jungen Menschen ausbilden. Fehler wäre sicher, wenn man jetzt die Möglichkeiten, die durch KI bestehen, einschränken würde. Dass man sagt, also, nee, nee, hier... JGPT dürfte nicht in der Klausur benutzen. Warum nicht? Sollen sie das auch machen? Sondern es geht ja mehr darum, dass man ...
Prof Scheer: herausfindet, können die damit umgehen. Ich kenne noch die Zeiten, hat man verboten, Taschenrechner mit in die Klausuren zu nehmen. Ich glaube, das ist wohl heute kein Thema mehr, nehme ich mal an. Weil es ja auch nicht darum ankommt, dass man hier zwei Zahlen zusammenzählen kann, sondern wenn man solche Fragen stellen würde, dann wären die sowieso verfehlt. Da entstehen eben ganz neue Ansätze, die in der Lehre dann auch berücksichtigt werden müssen. Wenn Sie mich fragen, was
Matúš Mala: Also ich dürfte den nicht mitnehmen.
Prof Scheer: ein junger Mensch studieren, würde ich sagen, dass er sich möglichst breit aufstellt. Das heißt, dass er Fächer studiert, die ganz unterschiedliche Berufsentwicklungen hinterher ermöglichen. Das muss nicht nur Jura sein und BWL, sondern das können auch andere sein, aber dass ich auf jeden Fall nicht von vornherein festgelegt bin, ich studiere Tiermedizin und damit werde ich eben Tierarzt. Zack, fertig. Dann habe ich also schon eine Entscheidung für mein ganzes Leben getroffen. dafür passiert zu viel im Leben, dass man da eben auch sich variabel hält. Fast würde ich mich auch wieder selber widersprechen im Grunde. Dann ist es völlig egal, was man studiert. Man erlernt da bestimmte Techniken, erlernt Disziplin, man lernt komplexe Situationen zu überwinden, man lernt sich selber zu steuern. Das sind alles Eigenschaften, die auch bei einer Promotion eigentlich nur übrig bleiben. Ich habe noch nie erlebt, dass aus einer Promotion richtig was Großes hinterher rausgekommen ist, außer dass da jemand einen Doktortitel dann gekriegt
Matúš Mala: Hahaha
Prof Scheer: aber man hat bestimmte Dinge dabei mit sich selber durchgemacht, dass man eben ein langfristiges Ziel zu erreichen auf kurzfristige Dinge verzichten muss. Also wenn ich immer noch weiter auf Partys gehe, dann kriege ich meine Fußnoten eben für die Dissertation nicht hin. Sondern ich muss dann eben auch auf diese Dinge mal verzichten, hinterher nach zwei oder drei Jahren oder vier Jahren dann meine Dissertation wirklich fertig zu haben. Und das sind Eigenschaften, Kämpfe mit sich selber, die hinterher auch einen größeren Wert haben als der Wissenzuwachs, der für die Menschheit dann aus der Dissertation dann hervorgeht. Also es ist schwierig, weiß ich, aber Ratschläge sind eben vor allen Dingen das, was man neben dem Studium macht. Was man in den Semesterferien macht, ob man das ausnutzt, auch ins Ausland zu gehen. Also möglichst viele Erlebnisse in diese Lebenszeit hineinzugeben, wo man noch frei ist, noch keine Familie hat, wo noch nicht in einer Karriere eine Situation ist, wo man weiterkommen will, sondern wo man auch noch Freundschaften hat, die nicht auf Zweckbündnisse ausgerichtet sind, sondern einfach, weil man sich sympathisch findet. noch nichts voneinander will, wie das hinterher im Beruf ja doch häufiger der Fall ist. Also sehr erlebnisoffen zu sein und dann aber irgendwann die Kurve zu kriegen, das auch ein diszipliniertes, zielorientiertes Leben dann hinüberzuführen.
Daniel Matka: Wahnsinn. Also ich glaube, jeder kann sich definitiv da ganz, ganz viel mitnehmen. Ich glaube, das sind sehr, sehr, sehr, sehr gute Hinweise gewesen, Ratschläge gewesen, die auf einer, also auf jahrzehntelange Erfahrung beruhen. Und ich muss sagen, ich bewundere sie, wie krass tief sie in den aktuellsten Themen auch drin sind, wie sie sich jeden Tag selber weiterbilden und genau alles, was sie gerade gesagt haben, auch verkörpern. Wahnsinn. Ich kann das sagen, weil ich Herrn Professor Schär vor zwei Wochen in einem Jazzclub in München gesehen habe und ich wirklich fast vom Stuhl gefallen bin. jeder der... ja, Wahnsinn.
Matúš Mala: Was mir gefallen hat, ist, dass sie zweimal Daniel korrigiert haben. Sie arbeiten noch und sie bilden noch, also sie machen noch weiter mit ihren Firmen. Und ich glaube, unsere Zuhörer ist nicht ganz klar, wie alt sind sie eigentlich. Und das ist erstaunlich. Also wenn ich so fit bin in ihrem Alter, ganz ehrlich, da bin ich so froh. Also das ist echt unglaublich. Wie fit sie sind, wie... Wie weit sind sie auch in der aktuellen Themen und so weiter, dass sie eigentlich immer noch am Ball bleiben, dass sie immer noch alle Menschen sich motivieren. Das ist echt erstaunlich. Das ist richtig cool.
Daniel Matka: Würden sich unseren Zuhörern auch verraten, wie alt sie sind. Würden sich unseren Zuhörern verraten, wie alt sie sind.
Prof Scheer: Ja, das maximale Lebensalter des Menschen liegt ja bei 120 Jahren und ich habe zwei Drittel davon schon erreicht.
Daniel Matka: Wahnsinn.
Matúš Mala: Sehr schön. jetzt Taschenrechner rausziehen und los geht's. Daniel, du hast noch eine Frage.
Daniel Matka: Genau, ich habe die letzte Frage unseres und des zweiten Teils. Und zwar unser Ziel ist es, Industrie und Wissenschaft mehr zusammenzubringen. Teilweise auch einfach Leute in den Podcast einzuladen, die wir, sonst im normalen Arbeitsalltag nicht begegnen würden. Hätten Sie für uns eine Empfehlung? Welchen Professor? und wir aus dem Prozessmanagement, Prozessautomatisierungsbereich einladen müssten, welchen Professor würden Sie empfehlen?
Prof Scheer: Da würde ich mich jetzt nicht zu äußern, weil ich dann ja andere dann ausgrenze. Das, würde ich sagen, sollten Sie selber entscheiden und ich bin mal gespannt, wenn Sie dann nehmen werden.
Daniel Matka: Okay, passt. Finde ich auch gut, finde ich valide. Ich würde sagen, Herr Professor Schär, vielen, vielen, vielen lieben Dank, dass Sie sich für uns die Zeit genommen haben, dass Sie unseren Zuschauern und Zuhörern so unglaublich viel Wissen weitervermittelt haben. Wer heute aus diesen Episoden nicht motiviert rausgeht und nicht 2, 3, 4 Ratschläge mitnimmt, dann, ja, dann weiß ich auch nicht. Ich würde sagen... Liebe Zuhörerinnen, vielen, vielen Dank, dass ihr reingehört habt. wisst, Donnerstag ist Prozessphilosophentag. Bis ganz bald. ich muss sagen, letzte Sache noch, die ich sagen will, ich hoffe, dass es noch einen Teil 2 geben wird oder quasi ein Update in vielleicht 102 Jahren. Und bevor wir die Episode abschließen, würde ich sagen, das letzte Wort geht an Professor Schär.
Prof Scheer: Ja, ich möchte doch ein Wort dazu sagen, dass Sie das so betont haben, dass es was Besonderes ist mit meinem Alter und vielleicht noch, dass ich noch einigermaßen sprechen kann und denken kann. Also so sehe ich mich nicht. Ich mache einfach das, was ich kann. Und wenn ich merke, hoffentlich, wenn ich merke, dass das abnimmt, sehr stark abnimmt, ich natürlich Entscheidungen auch treffen, ob ich noch die Position bei den Unternehmen einnehmen sollte, wie ich das im Augenblick tue. Ich bewundere mich nicht selbst, sondern ich könnte auch über viel negative Dinge reden, die mir auch in meinem Leben passiert sind, wo ich mich auch falsch entschieden habe, zumindest rückblickend. Also Diese Einschätzung habe ich nicht, die Sie da manchmal gemacht haben. Wenn ich auf Sie wirke und Sie motiviere, dann ist das absolut okay. Aber ich möchte doch eben da so eine kleine Einschränkung da von meiner Seite dazu gesagt haben. Aber ich war sehr gerne hier. Also vielen Dank.
Daniel Matka: Vielleicht die letzten Worte, das auch wirklich in das richtige Licht zu rücken. Wenn wir so viele Personen hätten, die so viel Lebensfreude, so viel Motivation und so viel Wissen versprühen, wie sie es tun, dann könnten wir wirklich noch mehr und Großes bewirken in Deutschland. Vielleicht so ist quasi die Einordnung, wie wir das meinen. Es ist einfach von unserer Seite wirklich absolute Bewunderung da. Super, dann würde ich sagen vielen vielen Dank liebe Zuhörer. Bis ganz bald und wir sehen uns, wir hören uns. Ciao ciao, eure Prozessphilosophen.
Matúš Mala: Vielen Dank, Tschüss.
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